Welche Themen werden in Sachen Absicherung der Kinder in den Beratungsgesprächen mit Familien denn genau angesprochen?
Da die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Kinder im ambulanten Bereich relativ gut sind, besteht hier kaum Absicherungsbedarf. Wenn gewünscht, kann man gegebenenfalls eine private Krankenzusatzversicherung für alternative Heilmethoden, Heilpraktiker und Ähnliches abschließen, da diese Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel nicht übernommen werden. Im Zahnbereich ist für viele eine bessere kieferorthopädische Versorgung wichtig und interessant. Ein solcher Vertrag muss jedoch abgeschlossen werden, bevor der Zahnarzt erstmals erkennt, dass beispielsweise eine Spange erforderlich ist. Am wichtigsten finde ich eine stationäre Zusatzversicherung, damit die Kinder im Krankenhaus bestmöglich versorgt werden, nämlich mit freier Krankenhaus- und Arztwahl und Übernahme von Leistungen oberhalb der Gebührenordnung. Ein solcher Tarif ist bereits ab ca. 4,50 Euro monatlich erhältlich und gehört für uns zur Standardabsicherung von Kindern, die gesetzlich krankenversichert sind.
Und abseits der Krankenversicherung?
Zu besprechen sind auch die Themen Invalidität und Unfall. Hier muss man differenzieren. Bei einer Unfallversicherung muss immer ein Unfallereignis vorliegen, damit es überhaupt zu einer Leistung kommt. Bei allen anderen Ursachen wie Krankheit oder Verschleiß leistet die Unfallversicherung nicht. Hier gibt es Berufsunfähigkeits- oder Schulunfähigkeits-versicherungen für Kinder. Hier wird die Fähigkeit, zur Schule zu gehen, als „berufliche“ Tätigkeit gesehen. In diesem Fall wird eine monatliche Rente gezahlt. Oder man schließt nur eine BU-Option ab, das heißt, während der Schulzeit leistet dieser Vertrag nichts, aber man hat bei Aufnahme einer Ausbildung oder beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit, ohne Gesundheitsprüfung eine BU abzuschließen. Diese Variante ist natürlich vorerst günstiger. Zusätzlich gibt es noch die sogenannten Dread-Disease-Absicherungen. Hier sind vorher fest definierte schwere Krankheiten versichert. Bei Diagnose wird hier eine Einmalzahlung oder Rente fällig.
Bleibt noch das Thema Haftpflicht. In der Familien-Privathaftpflicht sind alle Kinder immer automatisch mitversichert. Bei Kindern unter sieben Jahren sollte die Deliktunfähigkeit mitversichert sein, dann wird auch für Schäden geleistet, die kleine Kinder verursachen, obwohl die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben.
Lassen Sie uns näher auf die Invaliditätsrisiken eingehen. Was kann hier eine Unfallversicherung und was eine Kinderinvaliditätsversicherung leisten?
In einer Unfallversicherung für Kinder ist eine Grundsumme von 100.000 Euro und eine Progression von mindestens 350% zu empfehlen. Damit stehen bei Vollinvalidität bis zu 350.000 Euro zur Auszahlung zur Verfügung. Auch eine Unfallrente von beispielsweise 1.000 Euro ab einer Invalidität von 50% ist zu empfehlen. Ein solcher Vertrag ist für Kinder bei sehr guten Vertragsbedingungen bereits für unter 10 Euro monatlich abschließbar. Jedes Körperteil hat gemäß einer Tabelle einen individuellen Prozentsatz. Wenn nach einem Unfall eine Invalidität verbleibt, wird gemäß dem Prozentsatz eine Einmalzahlung geleistet. Damit kann man dann die Kosten – etwa Umbau des Hauses, behindertengerechte Einrichtung, Operationen im Ausland oder künstliche Körperteile, die die Krankenkasse nicht trägt – finanzieren. Ab einer Invalidität von 50% wird dann die monatliche Rente lebenslang gezahlt.
Bei der Berufs- oder Schulunfähigkeitsversicherung kommt es darauf an, bereits früh den Versicherungsschutz zu sichern, solange das Kind noch gesund ist. Dann sind alle künftigen Erkrankungen oder Unfälle mitversichert. Oft kann man einen solchen Vertrag nicht mehr abschließen, wenn es bereits gesundheitliche Beeinträchtigungen gibt. Wenn das Kind dann später gesundheitsbedingt nicht seinen Lebensweg wie geplant gehen kann, ist wenigstens ein monatliches „Mindesteinkommen“ gesichert.
Welche Leistungen muss eine Kinderinvaliditätsversicherung auf jeden Fall enthalten?
„Eigenbewegungen“ sind immer wieder ein strittiger Punkt in Leistungsfällen. Der Unfallbegriff beinhaltet immer ein „von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis“. Wenn man aber beim Spazierengehen über seine eigenen Füße stolpert und sich dabei unglücklich schwer verletzt, ist es im Sinne der Bedingungen kein Unfall, weil das äußere Ereignis fehlt. Wenn in den Bedingungen die Eigenbewegung mitversichert ist, muss auch hier geleistet werden. Ansonsten ist für Kinder noch wichtig, dass das Verschlucken von Sachen und Stoffen mitversichert ist. Auch eine Invalidität aufgrund von Insektenbissen oder -stichen sollte versichert sein. Denken Sie an Borreliose, Meningitis und anderes. Ansonsten ist das insgesamt umfangreiche Bedingungswerk wichtig, denn man weiß ja nie genau vorher, was mal passieren kann.
Wann sollten also Ihrer Meinung nach die entsprechenden Versicherungen abgeschlossen werden und was sollte getan werden, wenn das Kind volljährig wird?
Die Krankenzusatzversicherung für stationäre Aufenthalte und die Unfallversicherung sollten frühestmöglich abgeschlossen werden, also gleich nach der Geburt. Bei Volljährigkeit wird der Beitrag einer Unfallversicherung automatisch auf den Erwachsenentarif umgestellt, dann ist der Beitrag ungefähr doppelt so hoch. Bei Aufnahme einer Ausbildung sollte das der Berufsunfähigkeitsversicherung mitgeteilt werden und wenn noch kein Vertrag besteht, spätestens dann einer abgeschlossen werden. In der Privathaftpflicht sind Kinder meist bis zum Ende der Ausbildung mitversichert, auch wenn sie nicht mehr zu Hause wohnen.
Quelle: Das ausführliche Interview finden Sie in AssCompact 11/2016, Seite 48 ff.